Jesuitenkirche
Die Kirche des Trierer Priesterseminars trägt seit beinahe 450 Jahren den Titel der allerheiligsten Dreifaltigkeit.
Bau- und nutzungsgeschichtliche Entwicklung der Kirche
Die Geschichte der Trierer Seminarkirche läßt sich in drei Abschnitte gliedern
um 1240-1570 Franziskanerkirche
1570-1773 Jesuitenkirche
1779 bis heute Seminarkirche
(dazwischen 1818/19 Simultankirche und 1819-1856 protestantische Pfarrkirche).
Die Ursprünge der heutigen Seminarkirche reichen bis in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts zurück und stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Errichtung eines Franziskanerkonvents im Stadtgebiet von Trier. Der erste sichere Nachweis über eine feste Niederlassung erscheint im Testament des Trierer Erzbischofs und Kurfürsten Theoderich von Wied (1189-1242; EB seit 1212). Das Dokument stammt vom 5. September 1238. Eine im Jahre 1240 ausgestellte Urkunde gibt die Lage dieses Klosters an der Stelle des heutigen Priesterseminars an. Zur Patronin ihrer Kirche wählten die Franziskaner die Gottesmutter Maria. Entsprechend dem Charakter und den seelsorgerlichen Funktionen eines Bettelordens handelte es sich um eine schlichte, einschiffige Kirchenanlage von bewußt zurückhaltenden Formen.
Der Saalbau besaß eine Ausdehnung von 27,12 m Länge und 12,40 m Breite, der östlich sich anschließende Langchor eine Erstreckung von 22 m und von 8,45 m Breite. Dieser zeigte von Anfang an eine vierjochige Struktur mit polygonalem Abschluss und war, im Gegensatz zu dem ursprünglich mit einer Flachdecke versehenen Saalbau, eingewölbt. Saalbau und Chorraum waren durch einen Triumphbogen verbunden. Außerdem fand man Fundamente eines alten Lettners, der eine schmale Mitteltür besaß.
Zu Beginn des 14. Jahrhunderts begann man damit, die Kirche umzubauen. Im Innenraum wurden Stützpfeiler angebracht. Diese Einbauten zeugen von der Absicht, das Kirchenschiff einzuwölben, eine Maßnahme, die den Franziskanern aufgrund von ordensinternen Bestimmungen zunächst verboten war. Möglicherweise noch vor Abschluss dieser ersten Umbauphase kam es um 1320 zur Errichtung des nördlichen Seitenschiffes. Die alte Nordwand wurde niedergerissen und durch eine Stützenreihe ersetzt, die Haupt- und Seitenschiff voneinander trennte. Die verwendeten Gewölbeschlußsteine legen die Vermutung nahe, Johann der Blinde, Graf von Luxemburg und König von Böhmen (1296-1346; reg. seit 1310), sei der Geldgeber für den Erweiterungsbau gewesen. Johann war der Neffe des bedeutenden Trierer Erzbischofs Balduin von Luxemburg (1285-1354; EB seit 1307).
1570 haben die Jesuiten auf Anweisung des Trierer Kurfürsten Jakob von Eltz (1510-1581; EB seit 1567) Kirche und Kloster der Franziskaner übernommen. Die Franziskaner waren zuvor nach St. German / St. Gervasius umquartiert worden. Der Erzbischof erhoffte sich durch die Förderung der Jesuiten vor allem eine rasche Umsetzung der Reformimpulse des Konzils von Trient (1542-1563) sowie eine Stärkung der Trierer Universität. Mit dem Besitztumswechsel ging eine Änderung des Titels einher: Die Jesuitenkirche wurde der Allerheiligsten Dreifaltigkeit geweiht, ein Titel, den sie heute noch trägt.
Im Zusammenhang mit der Errichtung des Kolleggebäudes (1610/14) wurde im südlichen Bereich der Kirche eine Krypta gebaut. Diese befindet sich unmittelbar unter dem jetzigen Südchor und sollte den in Trier lebenden Jesuiten als Grabstätte dienen. Es wurden zischen 1628 und 1773 ca. 250 Bestattungen dort vorgenommen. Der berühmteste hier ruhende Jesuit ist der am 7. August 1635 verstorbene Friedrich Spee (1591-1635), Bekämpfer des Hexenwahns und der Verfasser der „Trutznachtigall“.
Ihm zu Ehren trägt die Krypta heute den Namen Spee-Gruft.
Nachdem der Kreuzgang beseitigt war, begannen die Jesuiten im Jahre 1739 mit dem Bau des südlichen Seitenschiffes. Die alte Südwand wurde abgebrochen und in Freistützen umgewandelt, gleichzeitig wurde eine neue Außenwand mit Stützpfeilern errichtet. Das Gewölbe des neuen Südschiffes wurde den Gewölben von Haupt- und Nordschiff angeglichen. Für den flüchtigen Beobachter ergibt sich der Eindruck einer großen architektonischen Einheitlichkeit im Stile der Hochgotik. Die letzte große Baumaßnahme betraf den Anbau der Nebenchöre 1740/43. Nord und Südchor wurden in der Breite der Seitenschiffe über vier Joche nach Osten geführt. Sie reichen als platt geschlossene Nebenchöre mit Emporen bis zum Ansatz der Chorapsis. Die Untergeschosse sind mit drei Jochen durch große Öffnungen in den Chorwänden mit dem Langhaus verbunden.
1779 übereignete Kurfürst Clemens Wenzeslaus (1739-1812, EB 1768-1801) die Kirche dem neu gegründeten Bischöflichen Priesterseminar. Am 9. August 1794 wurde die Stadt Trier von Truppen des revolutionären Frankreich besetzt. Es kam zu schweren Verwüstungen in der Kirche.
Im Herbst 1794 als Lagerraum für Weinfässer genutzt, konnte die Kirche 1795 bis 1798 wieder dem regulären Gottesdienst zugeführt werden. Nach der Aufhebung des Bischöflichen Priesterseminars im Jahre 1798 trat jedoch eine vollständige Profanisierung ein. Bis zum Jahre 1801 wurde das Gebäude als „Tempel der Vernunft“ oder „Dekadentempel“ missbraucht.
Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten gab Bischof Charles Mannay (1745-1816, Bischof seit 1802) die Kirche am 9. November 1805 dem wiedererrichteten Priesterseminar zurück. Der im Anschluß an den Wiener Kongreß (1815) erfolgte Übergang der Rheinlande an Preußen führte in der Stadt Trier zu einem starken Anwachsen preußisch-protestantischer Bevölkerungsschichten. Um ihnen die Feier eines ordentlichen Gottesdienstes zu ermöglichen wurde die Seminarkirche seit 1818 als Simultankirche genutzt. Bis 1819 stand sie Katholiken und Protestanten gemeinsam zur Verfügung. Da sich diese Regelung in der Praxis nicht bewährte, wurde die Seminarkirche ab dem 25. Februar 1819 ganz den Protestanten zur Verfügung gestellt. Das Priesterseminar wich mit seinen Gottesdiensten teils in die Liebfrauenkirche, teils in den Dom aus. 1834 empfing übrigens der damals 15jährige Karl Marx (1818-1883) hier seine Konfirmation.
1857 fiel das Gotteshaus nach einem 1856 geführten Zivilprozess wieder an das Bischöfliche Priesterseminar zurück.Nach der Renovierung von 1988/93 erstrahlt die Jesuitenkirche heute wieder in neuem Glanz.
Ausstattungsdetails der Kirche
Das Äußere der Trierer Seminarkirche wirkt eher unscheinbar. Einziger Schmuck ist das hochgotische Westportal mit Spitzgiebel und dahinterliegender Rosette. Neben dem heute als Sakristei genutzten ehemaligen Kapitelsaal zählt es zu den ältesten Teilen des Gebäudes. Man nimmt seine Entstehung für das 14. Jahrhundert an. Die Glasfenster der Rosette wurden, ebenso wie die Fenster des Ostchores, nach Entwürfen des Trierer Künstlers Reinhard Hess (* 1904) im Jahre 1951 ausgeführt.
Sie haben passionstheologische und eschatologische Thematiken: ein großes Triumphkreuz, Symbole der Dreifaltigkeit, die vier Evangelistensymbole und in den unteren sechs Bahnen Symbole und Leidenswerkzeuge, die sich auf die Kreuzigung Christi beziehen.
Unmittelbar über dem Eingangsbereich befindet sich eine hölzerne Empore. Sie trägt die im Jahre 1994 von der Orgelbaufirma Johannes Klais (Bonn) hergestellte Orgel. Bewußt nehmen die Orgelgehäuse die konkaven Formen der gotischen Gewölbe und Maßwerke auf. In unterschiedlichen Höhen asymmetrisch angeordnet, korrespondieren sie mit dem ebenfalls asymmetrisch sitzenden Westfenster.Die Kapitelle der Säulen tragen lebhaftes dunkelgrünes Blattwerk, auf der südlichen Seite darüber hinaus Blütenmotive. Die Ausmalungen der Decke zeigen Blumenbemalungen in den Gewölbejochen sowie Feuerbemalung in den Scheidebögen. Zu erwähnen sind auch die Gewölbeschlußsteine: im Mittelschiff Rose, Krone, Vierpaß mit Rosette und das Lamm Gottes, im nördlichen Seitenschiff Wappen von Luxemburg und Böhmen, im östlichen Seitenschiff Mariensymbole. Bänke und Chorgestühl wurden um 1881 im neugotischen Stil vom Trierer Kunstschreiner Caspar Koch angefertigt.
Der Chorraum der Apsis wird seit der Renovierung von dem Marien-Votivaltar beherrscht. Er stand vorher im Vorhof des Kolleggebäudes der Jesuiten, wo sich jetzt ein Abguß befindet. Er entstand 1726/27 und wird bekrönt von einer Marienstatue mit Kind, die sich dem in der Barockzeit beliebten Typus „Immaculata“ zuordnen läßt. Vor allem sie wird dem aus Hadamar stammenden Bildhauer Johann Neudecker d. J. (* 1692) zugeordnet. Erwähnenswert ist ebenfalls der sich an der Südseite der Apsis befindliche Epitaph der Luxemburger Prinzessin Elisabeth von Görlitz (1390-1451) aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Der nördliche Nebenchor beherbergt heute das Sakramentshaus: Der neue Tabernakel stellt in Anlehnung an Offb 22,1.19 einen Lebensbaum dar. Er birgt in seiner Mitte die Eucharistie als Frucht des Kreuzes, das zum Baum des Lebens geworden ist. Im südlichen Nebenchor befindet sich das Grabmal von Wilhelm Eberschweiler (1837-1921) und ein Oculus, durch den man in die Spee-Gruft schauen kann. Eine Spee-Statue im Südschiff zeugt von der Verehrung Spees um die Jahrhundertwende. Gestiftet von Pfarrer Matthias Schmahl wurde sie durch den Kölner Bildhauer Professor Wilhelm Albermann gestaltet.